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Embodiment – unser Körper hat Einfluss auf unsere Psyche und damit auf unsere Wirkung!

  • Autorenbild: Nicole
    Nicole
  • 23. Juni 2020
  • 4 Min. Lesezeit

Der Teilnehmer des Rhetorikseminars steht im dritten Präsentationsdurchgang schon sehr viel souveräner auf der Bühne, die Kamera hält seine inzwischen sehr natürlich wirkenden Körperbewegungen fest – geöffnete, einladende Handhaltung, „geerdeter“ Stand, aufrechte und trotzdem entspannte Körperhaltung, hier und da ein paar Schritte nach re und li, um auch andere Perspektiven einnehmen zu können – rundum schon sehr viel authentischer und sowohl zum Inhalt als auch der Situation passend, in der die Präsentation dann gehalten werden soll. Dem Teilnehmer ist bewusst(er) geworden, wie er seine Bühnenperformance und damit seine Wirkung auf seine Zuschauer durch den gezielten Einsatz seiner Körpersprache unterstreichen kann.

Dass unsere psychische Verfassung großen Einfluss auf unseren Körper hat, ist hinlänglich bekannt und selbst in unserer Alltagssprache finden sich viele Beispiele dafür: Wenn wir von unserm Chef für unsere gute Arbeit gelobt werden „wachsen“ wir, wenn wir voll von einer Idee überzeugt sind, können wir dazu „stehen“, ein generell „aufrechter“ Mensch sein, , wenn der Druck im Job sehr groß wird, arbeiten wir uns „krumm und bucklig“, wir können vor lauter Trauer „geknickt“ sein u.s.w.

Allerdings steht unser Körper mit unserer Psyche in beiden Richtungen in Wechselwirkung und somit hat auch unsere Körperhaltung Einfluss auf unsere eigene Psyche – das wissen die Wenigsten.


Wenn ich mich freue, gehen die Mundwinkel nach oben – ganz klar! Aber es geht auch andersherum ;)


Wenn Sie morgens mal mit nicht ganz so guter Laune aufwachen, probieren Sie’s aus: lächeln Sie zwei Minuten intensiv vor sich hin und Sie werden es erleben: Ihre Laune wird sich deutlich verbessern! Warum? Ganz einfach – unser Hirn bekommt das Signal, dass die Mundwinkel oben sind – ergo müssen wir anscheinend fröhlich sein – und siehe da... ;)

Bodyfeedback heißt der Vorgang in der psychologischen Fachsprache. Man versteht darunter die Rückmeldeprozesse, die unsere Psyche aus dem Körper bekommt.

Sehr viel komplexere Versuche als der oben genannte Selbstversuch machten hierzu John Riskind und Carolyn Gotay. In einer „verschachtelten“ Versuchsanordnung gaben sie den Testpersonen vor, an einem Versuch zum räumlichen Vorstellungsvermögen teilzunehmen. In einer Pause zwischen den Tests wurden sie dann -wie zufällig- von anderen Wissenschaftlern um die Teilnahme an einem anderen kurzen Test gebeten, bevor es wieder zur eigentlichen Testreihe zurückging. Entscheidend war dabei, dass die Testpersonen während dieses eingeschobenen Versuchs 8min regungslos in einer Körperhaltung verharren mussten – die eine Hälfte sehr gekrümmt, die andere aufrecht. Mit mehreren Kabeln an Genick und Handgelenken mit einer gigantisch anmutenden Testapparatur verbunden, kam keiner der Teilnehmer auf die Idee, diesen Test in Zweifel zu ziehen. Danach, im „eigentlichen“ Test, galt es dann ein Puzzle zu lösen, welches aber unlösbar war. Das spannende Ergebnis aus diesem Test war folgendes:

Die vorher aufrecht gesessenen Teilnehmer hielten beim Versuch das Rätsel zu lösen fast doppelt so lange durch, wie die vorher „gekrümmten“! Riskind und Gotay konnten erstmals einen signifikanten Zusammenhang zwischen Körperhaltung und Emotionen nachweisen. Die Körperhaltung der „Gekrümmten“ führte ihrer Einschätzung nach zu einer psychischen Präkonditionierung i. S. v. Depression bzw. Mutlosigkeit, was sich dann in schnellerem Aufgeben bei der unlösbaren Aufgabe niederschlug.

Aber es kommt noch besser: in einer anderen Testreihe erweiterten Gary Wells und Richard Petty diese Ergebnisse noch um den Faktor der Körperbewegungen. In einem Versuch ließen sie drei Testgruppen Kopfhörer auf Tragekomfort & Akustik testen – eine regungslos (als Kontrollgruppe), eine kopfnickend und eine kopfschüttelnd. In einem anschließenden Versuch wurden die drei Gruppen, die allesamt den gleichen Inhalt zu hören bekommen hatten, zu einem Thema befragt, welches mit dem Gehörten Inhalt in Verbindung stand und siehe da: während die Testpersonen, welche vorher 6 Minuten kopfschüttelnd dagesessen hatten, sich sehr kritisch zum Thema äußerten, war die „Kopfnickgruppe“ mit ihrer durch bejahendes Bodyfeedback erzeugten Stimmung dem Thema (in diesem Falle der Studienerhöhung an ihrer Hochschule) ggü. äußerst positiv eingestellt. Die Kontrollgruppe zeigte keinerlei Veränderung der Emotionen.

Was nutzen uns diese Erkenntnisse nun im Alltag? Nun: Bewusster Einsatz unserer Haltemuskulatur kann –wie Riskind und Gotay nachgewiesen haben- zur Beeinflussung unserer Emotionen führen. Ebenso kann unsere Bewegung Einfluss auf unsere Stimmung nehmen. Diese Tatsache können wir uns im Alltag zu Nutze machen, indem wir bewusster auf unsere Körpermuskulatur und unsere Bewegung achten!

Wenn alleine 8 Minuten gekrümmtes Sitzen für schnelleres Aufgeben sorgen – was machen dann 8 Stunden ergonomisch oft fragwürdige Schreibtischarbeit an 5 Tagen in der Woche oder langes Sitzen vor dem Smartphone oder Fernseher mit uns?

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Nicht nur unser Umfeld dankt es uns, wenn wir öfter die Mundwinkel oben tragen – wir selbst profitieren auch davon! Bei schwierigen Telefonaten bspw. stehen Sie auf! Sie sind damit automatisch größer und damit voraussichtlich dem Gesprächspartner überlegen (kabellos lassen sich noch dazu leichter andere Standpunkte und damit auch andere Blickwinkel einnehmen). Wenn Sie schwierige Aufgaben zu bewältigen haben, achten Sie ganz bewusst auf eine aufrechte Haltung. Ihr Bodyfeedback wird Ihnen dabei helfen, diese mit mehr Freude und Leichtigkeit zu meistern! Auch Thorsten Havener, der „Gedankenleser“ und Körpersprache-Profi, nimmt im Backstagebereich vor seinem Auftritt auf der Bühne die Siegerpose ein und streckt beide Arme mehrere Minuten nach oben, als hätte er bereits gewonnen. Dank dem Phänomen des Bodyfeedback betritt er so bereits als Sieger die Bühne...

(die o.g. Tests von Riskind & Gotay sowie von Wells & Petty sind ausführlich im Buch „Embodiment“ beschrieben – Herausg.: M. Storch, B. Cantieni, G. Hüther & W. Tschacher, Huberverlag 2006, ISBN 3-456-84323-2)

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